Ich hatte, um weniger aufzufallen, noch einen guten Freund zum Testessen eingeladen. Wir saßen zunächst in der Bar und erschienen gegen 21 Uhr im Hotel-Restaurant. Wir entschieden uns für das Fischmenü. Irgendwie schien die Servicemannschaft recht schnell Feierabend machen zu wollen. Jedenfalls waren nicht mehr sehr viele Gäste anwesend, und so peitschte man uns durch die fünf Gänge. Es war etwa so, als ob wir dem Kellner 20 Euro Trinkgeld versprochen hätten, wenn wir es noch zum 22 Uhr-Zug nach Kiel schaffen würden.
Das vorgelegte Tempo war uns entschieden zu schnell und wir erbaten uns vor dem Hauptgang eine kleine Pause. Der Kellner hatte wohl aber unsere Gänge in der Küche schon abgerufen und man stellte nun einfach unseren Fisch zum Warmhalten ins Rechaud. Nach 20 Minuten wurde der Hauptgang serviert, aber der Fisch war durch die Zwischenlagerung fast ungenießbar geworden – von hoher Küchenleistung nichts mehr zu erschmecken.
Ich reklamierte beim Restaurantleiter. Der war nun sichtlich betroffen und bot sofort einen Ersatz an, was ich jedoch trotzig ablehnte. Er fragte nach weiteren Wünschen. Als ich weiterhin bockte, kam eine beeindruckende Reaktion. Er sagte mir, dass er mich unmöglich so ärgerlich gehen lassen würde und wenn ich schon keinen weiteren Fisch oder ein Dessert aufs Haus akzeptieren würde, dann wolle er mir wenigstens den Rest des Abends zumindest mit einer großen Tüte hausgemachter Champagnertrüffel versüßen. Und siehe da – ich bekehrte mich vom nörgeligen Gast zur Naschkatze und nahm die Tüte tatsächlich mit aufs Zimmer.
Am nächsten Morgen stand ich an der Hotelkasse um auszuchecken. Bei Durchsicht der gebuchten Posten fiel mir ein Betrag von „19,50 Euro Diverses“ auf. Ich erkundigte mich danach und bekam zu hören: "Das sind die Pralinen, die Sie gestern Abend noch aus dem Restaurant mitgenommen haben.“
Es ist wohl klar, dass ich dieses Haus nie wieder betrete.
Schlimmer noch, ich erzähle diese Geschichte hundertfach in meinen Seminaren weiter.